Beschlusslage Julis Unterfranken



Aschaffenburg, 30. September 2012

Tiere in Deutschland – Leitlinien für den Tierschutz im 21. Jahrhundert

1. Präambel

Seit jeher und auch noch heute begleiten Tiere den Menschen. Vielfach wurden sie domestiziert und werden seit tausenden Jahren gezielt gezüchtet. Sie sind Nahrungsmittel- und Rohstofflieferant, dienen der Forschung oder der Freizeitbeschäftigung.Manche leben in freier Wildbahn, viele in extensiver Tierhaltung oder auch in Privathaushalten.

In den letzten Jahren und Jahrzehnten ist das Thema Tierschutz immer mehr in den gesellschaftlichen Fokus gerückt, was seinen Ausdruck in Deutschland nicht zuletzt auch mit der Aufnahme in das Grundgesetz findet. 

Obwohl Tiere sich in ihrer Entwicklung und ihren kognitiven Fähigkeiten stark unterscheiden, ist für die Jungen Liberalen Unterfranken jedes tierische Lebewesen schützenswert und darf nicht grundlos in seiner körperlichen Unversehrtheit und seiner natürlichen Lebensweise eingeschränkt werden. Allerdings gilt auch, dass menschliche Bedürfnisse und menschliches Wohl vor tierischem Wohl gehen, weswegen gerade in der Nutztierhaltung Einschränkungen des Tierwohls unumgänglich sind.

Daraus ergibt sich ein Spannungsfeld,in dem es immer wieder aufs Neue abzuwägen gilt. Diese Abwägung ist vielfach subjektiv und stark vom kulturellen Empfinden geprägt, was  es nach Meinung der Jungen Liberalen Unterfranken auch zu berücksichtigen gilt. Ziel muss es sein, durch den technischen Fortschritt und die Weiterentwicklung der Gesellschaft den Tierschutz für alle Tiere Stück für Stück weiterzuentwickeln und zu erhöhen.

2. Nutztierhaltung

Nutztierhaltung, also die Haltung von Tieren aus ökonomischen Zwecken, ist die Tierhaltung bei der der jeweilige Nutzen des Tieres für den Menschen, insbesondere die Nahrungs- und Rohstoffmittelgewinnung, im Vordergrund steht.

Dennoch darf der Tierschutzgedanke nicht außer Acht gelassen werden. Jedes Nutztier hat das Recht auf einen möglichst schmerzfreien Tod. Ausnahmen darf es, z.B. aus religiösen Gründen beim Schächten, nicht geben. Zudem gilt es lange Transportwege zu Schlachthöfen zu vermeiden. Eine europaweite Begrenzung der Transportdauer ist erstrebenswert.Auch  Medikamentenverabreichung, wie z.B. die Antibiotikagabe, an Nutztiere muss, auch im Interesse des Verbrauchers, reduziert und stärker überwacht werden.

Immer mehr Verbraucher legen zudem Wert darauf, zu erfahren, woher ein Tierprodukt stammt und unter welchen Bedingungen das Tier gelebt hat. Hier bedarf es zukünftig mehr Offenlegung und Nachvollziehbarkeit, bei der die Jungen Liberalen Unterfranken vor allem auch auf das Eigeninteresse der Landwirte und der weiterverarbeitenden Betriebe setzten.

2.1. Haltung von Vieh und Nutztieren zur Tierproduktion und  Gewinnung von Tierprodukten

Die meisten Vorschriften und Richtlinien zur Haltung von Vieh zur Tierproduktion und der Haltung von Nutztieren zur Gewinnung von Tierprodukten werden heutzutage von der Europäischen Union festgesetzt, z.B. über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP).

Nicht alle Mitgliedsstaaten setzten diese allerdings so konsequent um wie Deutschland. Auch im Sinne der Wettbewerbsfairness halten es die Jungen Liberalen Unterfranken für dringend notwendig, hier mehr Druck auf die Mitgliedsstaaten auszuüben, welche die Richtlinien nur teilweise oder gar nicht umsetzten. Gleichzeitig müssen die Richtlinien auf überflüssige und zu bürokratische Maßnahmen überprüft werden. Regelungen die beispielsweise im Eigeninteresse der Halter liegen, gehören abgeschafft.

2.2. Versuchstierhaltung

2.2.1.für kosmetische Zwecke verwendete Tiere

Die Verwendung von Tieren zu Versuchszwecken bei der Entwicklung von Kosmetika ist nicht mehr zeitgemäß und in Deutschland bereits zu Recht verboten. Der technische Fortschritt ermöglicht alternative Testmethoden, die die Verwendung von Tieren überflüssig macht.

Damit diese Regelung durch die EU-Kosmetikrichtlinie ab 2013 auch EU-weite Anwendung finden kann, muss die Genehmigung alternativer Methoden vorangetrieben werden. Das EURL ECVAM (european reference laboratory on alternatives toa nimal testing) muss schneller und effizienter arbeiten.  Eine mögliche Verschiebung des Stichtages lehnen die Jungen Liberalen Unterfranken ab.

2.2.2. für wissenschaftliche Zwecke verwendete Tiere

In der wissenschaftlichen Forschung ist es zum heutigen Zeitpunkt noch nicht möglich, vollständig auf die Verwendung von Tieren zu Versuchszwecken zu verzichten. Solange die sichere Anwendung von Medikamenten beim Menschen nicht anderes gewährleistet werden kann, halten die Jungen Liberalen Unterfranken medizinische Tierversuche für gerechtfertigt. Der Schutz menschlichen Lebens muss immer an erster Stelle stehen. Nichts desto trotz muss auch hier die Erforschung und Zulassung alternativer Methoden vorangetrieben werden. Deutschland ist hier europaweit Vorreiter, die anderen  EU-Staaten müssen nachziehen.

Die in Deutschland im Rahmen der Novellierung des Tierschutzgesetztes geplante Einführung einer gesonderten Reglung für Affen, welche ein fast vollständiges Verbot der Nutzung von Menschenaffen zu Versuchszwecken vorsieht, begrüßen die Jungen Liberalen Unterfranken.   

3. Wildtierhaltung

3.1.Wildtiere im Zirkus

Die Haltung von Wildtiere im Zirkus hat eine lange Tradition, ist aus heutiger Sicht jedoch sehr kritisch zu sehen. Nach Meinung der Jungen Liberalen Unterfranken ist es nicht möglich, Wildtieren unter den Bedingungen des Zirkuslebens, angemessene Lebensbedingungen zu gewährleisten. Wir fordern daher ein konsequentes Haltungsverbot aller Wildtiere in Zirkussen. Die praktische Umsetzung muss mit angemessenen Übergangsfristen erfolgen, ein Wiederbeschaffungsverbot ist ein erster Schritt in die richtige Richtung

3.2.Tiere in tiergärtnerische Einrichtungen

Aufgabe von tiergärtnerischen Einrichtungen wie z.B. Zoos ist es, Tiere in ihrer möglichst natürlichen Umgebung zu präsentieren. Die Bevölkerung bekommt durch sie die Möglichkeit, verschiedene Tierarten aus aller Welt zu besichtigen. Zudem haben tiergärtnerische Einrichtungen eine gewisse „Arche-Noah“-Funktion bei der Züchtung bedrohter oder in freier Wildbahn bereits ausgestorbener Tierarten. Gerade dieser Verantwortung dürfen sich tiergärtnerische Einrichtungen nicht entziehen. Die Jungen Liberalen Unterfranken fordern daher, dass jede Einrichtung Mitglied in einem tiergärtnerischen Dachverband wie z.B. der Deutsche Tierparkgesellschaft (DTG) sein muss, um die Genpoolerhaltung durch internationale Zuchtbücher zu gewährleisten und einen Informations- und Erfahrungsaustausch zu sichern.

Sollte es einer tiergärtnerischen Einrichtung nicht gelingen sämtliche Haltungs- und Schutzvorschriften einzuhalten und/oder eine Tierart dauerhafte Verhaltensauffälligkeiten zeigt, müssen sie die Haltung dieser Arten aufgeben. Diese Tiere müssen dann schnellst möglich in anderen Einrichtungen untergebracht werden.

4. Heimtierhaltung

Heimtierhaltung, also die Haltung von Nutz-, Wild und Haustieren in privaten Haushalten, steht jedem Bürger offen. Es gilt  dabei, die von den einzelnen Bundesländern vorgeschriebenen Regelungen einzuhalten.

Das in der Novellierung des Tierschutzgesetzes vorgesehene Qualzuchtverbot begrüßen die Jungen Liberalen Unterfranken.

5. Tierkennzeichnung

Eine flächendeckende individuelle Tierkennzeichnung dient der Identifizierung des Tieres und der Zuordnung des Besitzers. In  der Tierproduktion und bei der Gewinnung von Tierprodukten kommt ihr eine Schlüsselrolle zu, wenn es um Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Produktionswegen geht.

Ohrmarken sind das amtliche Kennzeichen von Nutztieren wie  Rindern, Büffeln, Schweinen, Ziegen und Schafen.  

Kennzeichnungen durch Brandzeichen (z.B. beim Schenkelbrand bei Pferden) oder Tätowierungen (z.B. bei Hunden oder Katzen) sind nicht mehr zeitgemäß und müssen ausnahmslos verboten werden.  Siemüssen durch entsprechende andere Möglichkeiten (z.B. Mikrochip-Transponder) abgelöst werde.

Gerade bei Heimtieren wie Hunden und Katzen ist eine  flächendeckende Kennzeichnung mit EU weit kompatiblen Mikrochip-Transpondern und einer bundesweiten Datenbank anzustreben. Züchter müssen ihre Welpen und Kätzchen künftig vor dem Verkauf chippen und registrieren lassen. Käufer von ungechippten Welpen und Kätzchen, sowie nach einer Übergangszeitauch Käufer von ungechippten Hunden und Katzen, müssen Strafzahlungen drohen. Die Jungen Liberalen Unterfranken halten dies für unumgänglich im Kampf gegen das Aussetzten von Heimtieren und dem illegalen Handel mit Welpen und Kätzchen.

6. Einhaltung und Durchsetzung von Tierschutzrichtlinien

Bei Verstoßen gegen Tierschutzrichtlinien besteht ein großes Vollzugsdefizit, welches nach Meinung der Jungen Liberalen Unterfranken unverzüglich anzugehen ist. Alle beteiligten Behörden, insbesondere die lokalen Veterinärämter, müssen die Einhaltung intensiver kontrollieren und Verstöße konsequent ahnden.

Die Jungen Liberalen Unterfranken fordern zudem die Einführung des Verbandsklagerechts für anerkannte Tierschutzverbände in Deutschland. Dabei soll die Möglichkeit zur Einrichtung einer Clearingstelle nach österreichischem Vorbild geprüft werden. Diese könnte Themen bündeln und eine Filterfunktion übernehmen, um die Gerichte vor Überlastung zu schützen.

Um die Einhaltung von Tierschutzrichtlinien noch zusätzlich zu sicher, fordern die Jungen Liberalen Unterfranken des Weiteren die Einführung eines TÜV-Siegels für Personen, Einrichtungen und Unternehmen welche Tiere zu gewerbsmäßigen Zwecken halten.